Lösungsjournalismus in Ihrem Arbeitsfluss
Sind Sie bereit, Lösungsjournalismus in Ihrer Redaktion zu verankern? Hier sind einige hilfreiche Tipps, die das Solutions Journalism Network aus der Zusammenarbeit mit Redaktionen gewonnen hat:
Missverständnisse vorhersehen und abwenden
Manche Journalisten sind von der Idee des Lösungsjournalismus sofort angetan. Aber andere finden den Ansatz oder auch den Begriff Lösungsjournalismus verwirrend. Sie fürchten vielleicht, es handle sich um Parteinahme, PR oder Wohlfühljournalismus. Manche haben auch einfach wenig Lust, etwas Neues auszuprobieren.
Die Lernwerkstatt des SJN ist eine gute Vorbereitung, um diese Missverständnisse über Lösungsjournalismus auszuräumen. Noch mehr Munition liefert der Solutions Story Tracker oder ein direktes SJN-Training in der Redaktion.
Prioritäten in der Berichterstattung neu analysieren
Probleme schreien, Lösungen flüstern. Manche problemorientierten Geschichten – etwa über Flugzeugabstürze, Polizeigewalt, Krankheitsepidemien oder eine Überflutung – springen uns von den Titelseiten ins Gesicht. Sie müssen unbedingt abgedeckt werden. Es ist leicht, dazu Stellungnahmen zu finden. Lösungsorientierte Berichte dagegen sind selten Eilnachrichten (obwohl sie oft gut geeignet sind, nach Eilmeldungen genauer hinzuschauen). Genau wie Hintergrundreportagen und investigative Recherchen werden berichtenswerte Lösungsansätze meist erst entdeckt, wenn Reporter sie bewusst ausgraben und untersuchen.
Für an Lösungsgeschichten interessierte Redakteure gilt die Frage, wann sie ihre knappen Redaktionsressourcen auf diese Geschichten verwenden sollen. Letztendlich bedeutet das ein Ringen mit den Fragen: Was sind die relevantesten, wertvollsten Geschichten, die wir unserem Publikum bieten können? Was fehlt in der öffentlichen Diskussion? Und welche Geschichten machen wir einfach nur deshalb, weil wir sie immer schon gemacht haben?
Der Druck durch Ressourcenknappheit zwingt viele Redakteure, Kernannahmen zu den Prioritäten ihrer Berichterstattung zu überdenken. Praktisch gesprochen kann das heißen, Fragen zu stellen wie: Müssen wir die Versammlung des Schulvorstands (schon wieder) abdecken – oder steckt die Reporterin ihre Zeit lieber in die Recherche, wie Schulen ihre Herangehensweise an Disziplin verändert haben? Oder: Müssen wir uns auf die jüngste Schießerei fokussieren – oder sollten wir unsere Reporter in die Nachbarstadt schicken, die eine wirksame Lösung zur Reduzierung von Waffengewalt gefunden zu haben scheint?
Verbündete und Vorkämpfer finden
In jeder Redaktion gibt es Redakteure oder Autoren, die Kollegen ermutigen können, systematisch zu fragen: „Gibt es für diese Geschichte eine Lösungs-Perspektive? Wer macht es besser?“ Finden Sie Menschen, die sich dafür stark machen, Lösungsjournalismus in die Redaktion zu bringen. Bitten Sie sie, das Momentum am Laufen zu halten, auch unter dem ständigen Druck der täglichen Deadlines. Am besten sucht man designierte Vorkämpfer in verschiedenen Ressorts, um diese Fragen regelmäßig zu stellen. Mit der Zeit werden die Antworten zur zweiten Natur, wenn Reporter mit Lösungsjournalismus Erfahrungen sammeln.
Eine Geschichte oder Serie vorschlagen
Es hilft, schon einige umsetzbare und relevante Geschichten im Kopf zu haben, wenn man Lösungsjournalismus in der Redaktion vorstellt. Idealerweise erhellen diese Ideen das Potenzial des Lösungsjournalismus, auf Themen mit hoher Relevanz aufzubauen oder sie zu ergänzen. Es geht darum, die Diskussion aus der Theorie in die Praxis zu holen, von „Sollen wir lösungsorientierten Journalismus machen?“ zu „Wie wäre es mit dieser Story?“ Erklären Sie, wie eine Geschichte bedeutende Lücken in der Berichterstattung füllt. Dann: Wer wird sie umsetzen? Wie kann sie in den Onlinemedien laufen? Ermutigen Sie Kollegen, lösungsorientierte Geschichten vorzuschlagen, aber warten Sie nicht auf Vorschläge von anderen, um loszulegen.
Auf offene Türen achten
Wenn sich Nachrichten ankündigen, wenn Reporter Ideen vorschlagen und in der täglichen Redaktionssitzung Pläne für die Berichterstattung gemacht werden, achten Sie auf Gelegenheiten, die Lösungsperspektive in die Berichterstattung einzubringen. „Gibt es hier einen Lösungsansatz?“ Diese einfache Frage kann eine Redaktionsbesprechung schnell zu einer produktiveren und umfassenderen Strategie führen.
Spezifische Ziele setzen
Für Redakteure ist es am einfachsten, Lösungen in die Berichterstattung zu integrieren, indem sie Reportern dafür Aufträge und Zeit geben. Geben Sie spezifische Ziele und Hilfestellungen. Vielleicht ist das Ziel, mindestens eine lösungsorientierte Reportage pro Monat zu veröffentlichen, oder vielleicht ist es ein Anreiz für jeden Reporter, die Frage „Wer macht es besser?“ in eine investigative Recherche mit einzubringen.
Qualitativ hochwertigen Lösungsjournalismus hervorheben
Redakteure können die Praxis noch mehr unterstützen, indem sie Reporter belohnen, die hochwertigen Lösungsjournalismus produzieren. Eine Belohnung kann einfach eine anerkennende Bemerkung für gut gemachte Arbeit sein, eine Ankündigung auf Seite Eins oder Anerkennung innerhalb der Redaktion für Journalisten, die anderen dabei helfen, kreative neue Wege zu gehen und aus alten Reporter-Gewohnheiten auszubrechen. Manchmal vergeben Medienverbände und andere Journalistenorganisationen die Anerkennung: Die Fayetteville Observer-Serie „Seeking Safety“ gewann den ersten Preis im jährlichen Wettbewerb der North Carolina Press Association für Wirtschaftsreporter. Und das „Education Lab“ der Seattle Times gewann den ersten Journalism Excellence Award der Associated Press Media Editors für Community Engagement.
BITTE BEACHTEN!
Wir wollen in dieser Werkstatt nicht so tun, als sei es einfach, Organisationen zum Umdenken zu bewegen. Ganze akademische Studien versuchen herauszufinden, warum Leute sich Veränderungen widersetzen. Wenn man dazu die Krise der Medien bedenkt, die oft festgefahrenen Meinungen über die Rolle von Journalisten und den unerbittlichen Zeitdruck, ist es leicht zu sehen, warum es schwierig sein kann, selbst kleinere Veränderungen anzustoßen. Aber ausgestattet mit neuem Wissen sind Sie gut gerüstet, eine solide Lösungspraxis in Ihrer Redaktion aufzubauen.